Kontokarten aus Holz

Überall im Leben verzichten immer mehr Menschen auf Plastik, um die Umwelt zu schonen. Nur beim Bezahlen mit der Karte bisher nicht. Als erste Bank in Niedersachsen und als zweite in Deutschland setzt die Volksbank Haselünne nun auf Holz bei den Konto- und Kreditkarten. Als die Bank vor wenigen Wochen die ersten Holzkarten an einige Kunden ausgegeben hat, waren viele Mitarbeiter durchaus nervös, berichtet Caroline Wille. „Die größte Sorge war natürlich: Brechen die Vollholz-Karten reihenweise durch, und müssen wir ständig neue Karten verschicken?“, sagt die Geschäftsführerin der „Bude 22“, einer Kreativagentur, die der Volksbank Haselünne gehört.

Die Sorgen bewahrheiteten sich in den ersten Wochen nicht. Natürlich komme es vor, dass eine Holzkarte breche. „Wir wissen auch, dass sie einen Waschgang mit der Waschmaschine nicht überleben würde“, sagt Wille. Die Karte breche beim normalen Umgang aber nicht. Und auch Plastikkarten würden brechen, wenn man rohe Gewalt anwendet oder sie beispielsweise in der Hosentasche vergesse. Daher sei man Wille zufolge überzeugt, mit dem Umstieg auf den nachwachsenden Rohstoff den richtigen Weg eingeschlagen zu haben.

Etwa 400 Holzkarten hat das Kreditinstitut im ersten Schritt an Kunden ausgegeben. In der Anfangszeit ist die Nutzung noch auf die etwa 5400 Mitglieder beschränkt, also solche Kunden, die eine Mitgliedschaft in der Genossenschaft abgeschlossen haben, die hinter der Volksbank steht. Sind deren Erfahrungen positiv, sollen in den nächsten Jahren schrittweise alle etwa 13800 Girokonto-Kunden eine Kontokarte aus Holz erhalten. „Es wäre wenig nachhaltig, alle Plastikkarten vor ihrem Laufzeitende auf einen Schlag umzustellen“, sagt Saskia Deters vom Vertriebsmanagement der Bank. Kontokarten werden in der Regel drei bis vier Jahre genutzt und dann ausgewechselt. Nachhaltigkeit ist dabei der wesentliche Grund für den Umstieg auf Holz. Die Volksbank Haselünne will nämlich eine der nachhaltigsten Banken in der Region werden und hat sich den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (UN) verpflichtet. Ziel Nummer 12 lautet zum Beispiel nachhaltiger Konsum. „Wir verzichten zum Beispiel überall dort auf Papier, wo es geht, kaufen fair gehandelte Produkte ein, verzichten auf Plastik. Auch bei den Kontokarten auf Nachhaltigkeit zu setzen war für uns der nächste logische Schritt“, sagen Caroline Wille und Saskia Deters. Ein weiterer Schritt wird sein, dass der Werbeschriftzug an der Fassade des Neubaus der Hauptverwaltung an der Hasestraße, der voraussichtlich im Juni bezogen wird, aus Holz sein wird und nicht wie bisher aus Kunststoff. Noch sind die Holzkarten deutlich teurer im Einkauf als die Plastikkarten, was vor allem an den noch niedrigen Stückzahlen bei der Herstellung liegt. Wie viel mehr sie kosten, wollen beide nicht sagen. Für die Kunden entstehen keine Mehrkosten. Ein Austausch oder eine Zusatzkarte kostet genau so viel wie bisher. Geliefert werden die Holzkarten von der Firma DG Nexolution aus Wiesbaden, hinter welcher der Deutsche Genossenschafts-Verlag steht. DG Nexolution kooperiert bei den Holzkarten wiederum mit Swiss Wood Solutions AG, einem Schweizer Start-up. Beide haben Ende 2022 eine gemeinsame Gesellschaft gegründet.

Derzeit setzt die Firma auf Ahorn-Holz aus zertifiziertem Anbau. Auch der Leim ist vollständig biologisch abbaubar. Selbst die Funkantenne, die zwischen den Holzplättchen eingebaut ist, um kontaktloses Bezahlen zu ermöglichen, besteht zum Teil aus Zellulose, also Papierfasern. Wegfallen soll in zwei Jahren der Magnetstreifen auf der Rückseite, weil die Technologie ausläuft.

Ebenfalls bald wegfallen wird das auflackierte Maestro-Logo, weil die Volksbank, wie viele andere, auf Visa/V-Pay umstellt. „Das V-Pay-Zeichen kann eingraviert werden“, erklärt die Bude-22-Chefin, die auch dafür gesorgt hat, dass die Beschriftung der Karte vorne wie hinten aus optischen Gründen im Hochformat erfolgt. Name des Kontoinhabers, Kontonummer und andere wichtige Informationen sind also nicht im Querformat, sondern im Hochformat.

Zur Nutzung des Werkstoffs Holz gehört, dass die Karten zum Teil etwas anders aussehen. „Bei manchen Holzkarten sind Verästelungen zu sehen, manche sind etwas heller, manche dunkler“, berichten die Bankmitarbeiter. Im Alltag sorgt das immer wieder für Gesprächsstoff. „Man wird definitiv angesprochen an der Supermarktkasse oder im Restaurant. Das berichten uns Kunden immer wieder. Nicht wenige glauben im ersten Moment nicht, dass die Karten wirklich aus Holz bestehen“, gibt Saskia Deters Rückmeldungen von Kunden wieder.

Mit der Kundenkarte aus Holz gehört die Volksbank Haselünne jedenfalls bundesweit zu den Vorreitern. Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken in Berlin bestätigte auf Anfrage, dass die Bank aus dem Emsland nach der GLS-Bank aus Bochum die zweite Genossenschaftsbank in Deutschland ist, die auf Holzkarten setzt. Vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband heißt es: „Aktuell fokussieren wir uns bei den alternativen Kartenkörpern auf Recycling-PVC (rPVC). Wir betrachten auch weitere Materialien, haben sie derzeit aber nicht aktiv in der Ausgabe.“ In Deutschland sind derzeit nach Schätzungen der Bankenverbände weit mehr als 40 Millionen Kontokarten aus Plastik im Einsatz. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass immer mehr Menschen mit dem Smartphone oder ihrer Smartwatch bezahlen. Langfristig gehört also auch die Holzkarte zum Auslaufmodell. Das weiß auch die Volksbank Haselünne. „Wir rechnen aber damit, dass ein Grundstock an Kundenkarten bleiben wird, weil vor allem einige ältere Menschen die Nutzung des Smartphones zum Bezahlen weiterhin ablehnen werden“, sagen Caroline Wille und Saskia Deters. Text: Daniel Gonzalez-Tepper